Liebe Leser,
so langsam verstehe ich wie es passieren kann, dass milliardenschwere und erfolgreiche Großkonzerne auf einmal ins Straucheln geraten und verschwinden. Es passiert häufig dann, wenn Vorstände ihren eigenen Kosmos zu eng definieren. Die Aussagen von Porsche-Chef Matthias Müller in einem Interview über Tesla Motors wirken auf mich extrem verstörend. Müller sagte, dass er dem Elektroauto-Hersteller nicht viel Aufmerksamkeit schenken würde: „Ich kann nichts über Tesla sagen. Darüber weiß ich nichts.“ Darauf angesprochen, ob es irgendetwas gibt, was Porsche von Tesla lernen kann, verwies Müller amüsiert auf das Tesla-Finanzergebnis im ersten Quartal und auf die roten Zahlen.
Ich versuche einmal darzustellen was diese Aussage von Müller für mich bedeuten. Die Faktenlage sieht folgendermaßen aus: Elon Musk hat mit Tesla Motors aus dem Nichts einen Elektroauto-Hersteller aus dem Boden gestampft, der in diesem Jahr vermutlich etwa 55.000 Elektroautos verkaufen wird. Es handelt sich hierbei um edle Sportwagen, die in vielen US-Staaten bereits einen höheren Absatz haben als die Autos deutscher Premiumanbieter. Es ist auch nicht so, dass Tesla Motors umweltfreundliche Autos für Öko-Freaks baut, die der Umwelt zuliebe auf einen gewissen Kompfort verzichnen, sondern das Model S hat sich als klasse Fahrzeug mit gutem Image etabliert.
Die Elektroautos von Tesla Motors haben dabei eine um Längen höhere Reichweite als die Mobile der etablierten Hersteller, die teilweise schon seit über 100 Jahren rein auf den Automobilbau konzentriert sind. Wie kann so etwas gehen, frage ich mich als branchenfremder Beobachter und meine die Antwort bereits zu kennen. So etwas kann passieren, wenn die Vorstände etablierter Konzerne vor lauter Selbstverliebtheit nur noch mit sich selbst beschäftigt sind.
Dazu kommt, dass sich Tesla Motors gerade zum Energieunternehmen wandelt das Lösungsansätze für 100% regenerative Energieerzeugung bereithält und mit der Powerwall gerade einen neuen Markt definiert. Elon Musk zeigt den Platzhirschen aus dem Auto- und Energiesektor bei neuen Zukunftstechnologien also konsequent die Rücklichter.
Die Börse hat das Genie von Elon Musk erkannt und bewertet Tesla Motors mit fast 30 Mrd. € Börsenwert. Porsche-Chef Matthias Müller bezeichnet den Titel daher lapidar als „Zocker-Wette“, und verkennt damit das Machtpotenzial und den Gestaltungsspielraum, den Elon Musk mittlerweile hat. Tesla hätte derzeit wohl kaum ein Problem weitere 1 bis 3 Mrd. USD an der Börse einzusammeln, um das starke Wachstum zu finanzieren. Der Kapitalmarkt verstärkt die Innovationskraft und macht Tesla Motors damit zu einem hungrigen Tiger.
Ich bin Porsche-Fan, aber die Aussagen von Matthias Müller empfinde ich als unangemessene Arroganz einerseits und als despektierliche Herabwürdigung einer unternehmerischen Meisterleistung andererseits. Die Chefs von Microsoft und Nokia hatten einst auch über das iPhone gelacht – heute wird über sie gelacht.
Viele Grüße
Ihr Simon Betschinger