Liebe Leser,
dem Titelblatt der aktuellen Wochenend-Ausgabe des Handelsblatts konnte ich nicht widerstehen: „Die wichtigsten 50 Wirtschaftsbücher“. Mit einem Klick war die Ausgabe gekauft und landete auf meinem iPad. Ich begann aufmerksam zu lesen. Auch ein Interview mit Tomas Sedlacek ist abgedruckt. Sedlacek erhielt für sein Buch „Die Ökonomie von Gut und Böse“ den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2012. Im Interview sagt er: „Wir sind völlig auf Wachstum fokussiert und haben ihm alles geopfert, inklusive der Stabilität. Wachstum ist das größte Gut. Wir haben in den letzten Jahren in Europa und in Amerika Wachstum gekauft und Stabilität verkauft… Wir haben ein System geschaffen, das kollabiert, wenn es nicht wächst. Das ist wie ein Auto, das explodiert, wenn es stehen bleibt.“
Jetzt bin ich neugierig, ob Sedlacek das, was er im Interview als “System” bezeichnet, richtig in den Gesamtzusammenhang einordnet. Ich kaufe das eBook. Das System „Kapitalismus“ kann Thomas Sedlacek nicht gemeint haben, wenn er von einem System spricht, das ohne Wachstum kollabiert. Kapitalismus ist die Wirtschaftsform der Freiheit, die auf Privateigentum vertraut und Privatinitiative zulässt. Wachstum ist eine angenehme Erscheinung im kapitalistischen System, wenn Unternehmen neue Produkte entwickeln, die reißen Absatz finden oder gar komplett neue Technologien einführen, die die Welt verändern. Wachstum kann nicht staatlich verordnet werden. Genau so wenig kann eine freie Gesellschaft entschließen auf Wachstum zu verzichten. Wachstum wird wie Regen vom Himmel fallen, wenn es freie Menschen gibt, die ihren Träumen und Visionen nachkommen dürfen. Niemand würde auf die Idee kommen, die Ausbreitung von Literatur verlangsamen zu wollen, man müsste Autoren und Schriftstellern ein Denkverbot erteilen. Was für Schriftsteller Bücher sind, sind für Unternehmer neue Produkte.
Wenn er von dem System spricht, muss Thomas Sedlacek die Staaten gemeint haben, die ständig neue Schulden machen und denen der Schuldenberg um die Ohren fliegt, sobald die Wirtschaft nicht stark genug wächst. Kapitalismus braucht kein Wachstum, sondern unser jetziges Staatssystem, das sich wie ein Krebsgeschwür unkontrolliert vergrößert. Ich bin gespannt, ob Sedlacek das richtig erkannt hat. Auf den ersten 100 Seiten und im Schlusswort ist davon nichts zu erkennen, ich werde gespannt weiterlesen wie er dem Wachstum einhalt gebieten will.
Viele Grüße
Simon Betschinger