Liebe Leser,
meine letzte Analyse, dass der ESM ohne Unterstützung der EZB ein zahnloser Tiger ist, hat sich leider allzu schnell bewahrheitet. Der spanische Anleihemarkt stürzt weiter ab. 7,5% beträgt heute (Montag) die Verzinsung zehnjähriger Schuldtitel. Ein Niveau, auf dem sich Spanien nicht mehr alleine gesund sanieren kann, ganz gleich welche Sparpakete verabschiedet werden. Im Gegenteil: Jedes Sparpaket treibt das Land tiefer in die Rezession und erhöht die Arbeitslosigkeit. Das Prinzip vom keynesianischen Sparen ist unserer heutigen Politikergeneration nicht mehr bekannt. Die Menschheit verfügt über die Technologie und das Wissen, diese Schuldenkrise zu lösen, aber nicht über die richtigen Führungspersönlichkeiten, die in der Lage sind, die Situation richtig einzusortieren. Spanien ist Konkurs, genau so wie Griechenland und nur noch die EZB kann die Anleihemärkte nachhaltig stabilisieren. Je länger Mario Draghi wartet, desto größer ist der Schaden, der bis dahin angerichtet wurde.
Dennoch: Wir werden die Turbulenzen an den Aktienmärkten nutzen, um das TradeCentre Musterdepot (+13% seit Jahresanfang) wieder zu füllen. Eine pessimistische Grundhaltung dürfte sich auf Sicht eines Jahres als komplett falsche Positionierung erweisen, denn abseits der Probleme in Europa in Spanien, Italien und Griechenland befindet sich die Weltwirtschaft weiterhin auf Boomkurs. Selbst nach den neuen, reduzierten IWF-Prognosen wird die Weltwirtschaft dieses Jahr um 3,5% und im nächsten Jahr um voraussichtlich 3,9% wachsen. Von diesem Wachstum profitieren deutsche Großkonzerne, die dank des niedrigen Euros international konkurrenzfähig sind wie fast noch nie.
Man muss die Situation klar analysieren: Allein die Tatsache, dass Schulden bestehen, ist noch kein Krisentreiber. Jeder Schuld steht auch ein Guthaben und damit Kaufkraft gegenüber. Ein Krisentreiber ist eher die falsch durchgeführte Sparpolitik, die die Krisenländer immer tiefer in die Rezession treibt. Wenn die Lage an den Anleihemärkten jetzt eskaliert, dann könnte das auch etwas Gutes haben, nämlich dass es keine andere Möglichkeit mehr gibt, außer die Gelddruckmaschinen anzuwerfen. Und das wäre – ich habe schon oft darüber geschrieben – im derzeitigen Umfeld genau der richtige Lösungsansatz. Die Inflationsgefahren werden überschätzt, die heilende Kraft einer höheren aggregierten Nachfrage wird unterschätzt.
Viele Grüße
Simon Betschinger