Liebe Leser,
die Problemanalyse ist schnell auf den Punkt gebracht. In Europa herrscht eine zweistellige Arbeitslosigkeit, die Staaten und viele Haushalte sind überschuldet, der Bankensektor ist quasi Bankrott und in vielen Ländern haben sich sozialistische Strukturen etabliert. Wenn nichts getan wird, wird die Wirtschaft in eine schwerwiegende Depression stürzen, mit unkontrollieren Staatskonkursen und explodierenden Arbeitslosenquoten, die zu einer Radikalisierung der Wählerschaft führen. In meinem letzten Beitrag habe ich die Notwendigkeit erläutert, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stärken. Bei den Antworten, die auf solche makroökonomischen Artikel kommen, könnte ich durchdrehen. Sofort wird einem unterstellt, man wolle marode Unternehmen am Leben erhalten oder staatliche Verwaltungsstrukturen aufblähen. Oder noch viel schlimmer: Es wird einem unterstellt man würde die Misstände und Strukturprobleme in Europa nicht kennen. Leute, warum tickt ihr so? Kann man man nicht einfach mal ein wirtschaftliches Kernproblem separiert diskutieren, ohne dass danach gleich solche Unterstellungen kommen?
Wir wissen folgendes:
Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass Wirtchaftskrisen durch Sparpolitik verschlimmert werden. Durch Sparpolitik steigt der Verschuldungsgrad. Das ist das Spar-Parodoxon. Gesamtwirtschaftlich gelten andere Reglen als für Individuen. Wenn eine ganze Nation spart, fällt das BIP und der Verschuldungsgrad steigt weiter. Die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass staatliche Nachfragepolitik bei hoher Arbeitslosigkeit zu einem Wirtschaftsboom führt (Und bitte jetzt nicht wieder auf Japan hinweisen. Ich kenne das Japan-Szenario besser als jeder Leser dieses Beitrags. Das Problem in Japan ist ein anderes…).Welche Wirtschaftsordnung halte ich für optimal?
Ich glaube, dass langfristig Staatsschulden die Wurzel vieler Übel sind. Zum Beispiel weil sich wohlhabende Menschen mit Staatsanleihen-Investments vor realwirtschaftlichen Investitionen drücken können. Ich würde mir langfristig eine Staatsordnung wünschen, die ohne Staatsschulden auskommt. Ich bin mir sicher, dass die Staats- und Steuerquote in Europa zu hoch ist. Bürokratie und Verwaltung stellen eine ungeheure Ressourcenverschwendung dar. Ich bin mir sicher, dass liberalisierte Arbeitsmärkte mit geringem Kündigungsschutz und niedrigen Sozialleistungen zu einer weit höheren Beschäftigungsquote führen als rigide Arbeitsmärkte mit einem kaum überwindbaren Kündigungsschutz. Ich bin mir sicher, dass eine Marktwirtschaft, in der die Unternehmen im freien Wettbewerb zueinander stehen, die stärksten Wachstumskräfte freisetzt. Ich bin mir sicher, dass der Ordnungsrahmen für das Bankensystem grundlegend falsch ist. Banken dürfen auf den Geldschöpfungsmechanismus zurückgreifen. Das ist ein staatliches Monopol. Dieses Monopol sollte nur Geschäftsbanken gewährt werden, die als reine Intermediäre zwischen Kapitalmarkt und Realwirtschaft auftreten. Investmentbanken, die auf eigene Rechnung Risiken eingehen, sollten sich nicht dem Geldschöpfungsmechanismus bedienen dürfen, sondern müssten ihre Geschäfte Eigenkapital finanziert abwickeln.
Welche strukturpolitischen Maßnahmen würde ich ergreifen:
Selbst wenn strukturpolitisch alles zu 100% passen würde, würde sich die Wirtschaft nicht von alleine aus dem Abwärtssog befreien, weil die laufenden Prozesse autodeflationär sind. Die Stabilisierung würde – auch das zeigt die Wirtschaftsempirik – auf einem deutlich niedrigeren BIP-Niveau erfolgen und zwar erst dann, wenn der Produktionsapparat veraltet und Unternehmen verstärkt Investitionen tätigen müssen, um ihre Produktion aufrecht zu erhalten.
Das bedeutet: Zusätzlich zur richtigen Strukturpolitik würde ich ein gigantisches Konjunkturprogamm auflegen, das für Vollbeschäftigung sorgt, die privaten Haushalte in der Summe entschuldet und, die Autodeflationsprozesse stoppt. Dieses Konjunkturprogramm könnte zu einem Großteil über Notenbankgeld finanziert werden. Die Autodeflationsprozesse sind momentan so stark, dass die Inflationsdynamik gering bleiben würde. Welche beflügelnde Wirkung ein solches staatliches Nachfrageprogramm haben kann, das das brachliegende Produktionspotenzial wieder aktiviert, habe ich im letzten Beitrag geschildert.