Liebe Leser,
es ist Zeit eine neue Big Picture Analyse für den DAX aufzustellen. Bislang konnte sich mein Market-Timinig in diesem Bullenmarkt-Zyklus sehen lassen. Im Bereich von 5700 DAX-Punkten eröffnete ich am 20. Dezember 2011 meine ersten Long-Positionen (Pivotal Point) und bei 6170 Punkten am 16. März (Hexensabbat) ging ich im DAX-Short und begnügte mich leider mit einem kleinen Gewinn von knapp 200 Punkten. Letzte Woche dann baute ich den Cashbestand auf über etwa 70% aus. Heute schildere ich meine weitere Perspektive für die Marktentwicklung.
Die Welt wird von der Innovationskraft mutiger Unternehmen immer weiter vorangepeitscht. Solange es Unternehmertum gibt, kann die Weltwirtschaft gar nicht anders als zu wachsen. Neue Produkte dringen unaufhörlich in das Wirtschaftsleben hinein. Die Osterfeiertage verbrachte ich in Paris und ich nutzte zum ersten Mal einen virtuellen Reiseführer auf dem iPhone mit “Augmented Reality” Funktion. “Augmented Reality” bedeutet übersetzt in etwa “Erweiterte Realität”. Der Begriff steht für die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Wenn ich in Paris zum Beispiel vor einem monumentalen Bauwerk stehe, halte ich das iPhone davor und mir werden sofort weitere Infos zu diesem Bauwerk angezeigt. Wenn ich wissen möchte, wo sich ausgehend von meinem Standort die nächsten Monumente befinden, drehe ich mich einfach um 360 Grad und auf dem iPhone Display werden jeweils in Blickrichtung die Entfernungen zu den nächsten Sehenswürdigkeiten eingeblendet.
Diese Innovationen und neue Produktschöpfungen, die Jahr für Jahr den Möglichkeits- und Handlungsraum der Menschheit erhöhen, schreiten stetig voran. Hindernisse auf diesem Wachstumspfad wie die Schuldenkrise werden im langen Verlauf der Geschichte völlig unbedeutend sein. Die Schuldenkrise ist ihrem Kern ein gesellschaftliches Umverteilungsproblem. Die Bevölkerungen von Ländern wie Griechenland oder Spanien wurden jahrzehntelang von ihren sozialistischen Regierung an der freien Entfaltung ihrer Wachstumskräfte gehindert. Nun befindet sich ein Großteil des Vermögens in den Händen wohlhabender Bürger, die Anleihen halten (direkt oder indirekt z.B. über Lebensversicherungen) und der Staat sitzt auf Schulden. Dies sorgt für Spannungen und über den Bankensektor drohen diese Spannungen auch in die Realwirtschaft überzuschwappen, wenn aus Angst vor Zahlungsausfällen der wirtschaftliche Handel unter den Akteuren reduziert wird. Die Schuldenkrise ist demnach kein Problem des Kapitalismus, dieser schreitet voran, denn er manifestiert sich in Unternehmen, die in privater Eigeninitiative Produkte entwickeln. Die Schuldenkrise ist ein verdammtes Politik -und Umverteilungsproblem und darum werden ihre Auswirkungen nur kurze Abwärtswellen der Angst sein, die sich an den Märkten sichtbar machen, aber kein Ingenieur wird die Fähigkeit verlieren, Maschinen zu bauen oder Gebäude zu errichten.
Selten war ich dermaßen hin- und hergerissen zwischem dem Handeln eines mittelfristigen Bullenszenarios und dem Cashaufbau aufgrund des Risikos kurzfristiger Panikwellen. Ich bin ein derart überzeugter Langfristbulle, dass mir der Cashaufbau sichtlich schwer fiel. Aber ich weiß nicht wie irrational die Anleger reagieren werden, wenn sich die Situation an den Anleihemärkten in Italien und Spanien weiter verschärfen wird und irgendwann eine der nächsten Anleiheemissionen auf nicht genügend Nachfrage trifft. Ganz irrational sind die Ängste auch nicht, denn wenn von Seiten der Politik falsch auf die Krise reagiert wird, kann aus einer Schuldenkrise schnell eine Rezession werden. Die falsche Reaktion ist, so lehren uns die Geschichtsbücher, über extreme Sparprogramme die Wirtschaftsaktivität komplett zum Erliegen zu bringen. Genau das sehen wir derzeit in Spanien, Griechenland, Portugal etc. Die richtige Reaktion ist, und auf diesem Pfad bewegen sich die USA, Strukturreformen mit Ausgabenprogrammen und einer expansiven Geldpolitik zu verbinden.
Im untenstehenden Chartbild habe ich ein Fragezeichen in den Chart gesetzt. Darum geht es jetzt. Ich muss nach meinem Cashaufbau den Einstieg wieder finden. Momentan favorisiere ich Crash-Szenario, an dessen Ende Kapitulations-Opening-Gaps den Wendepunkt und den Höhepunkt der Angst markieren. Die andere Long-Variante wäre ein klares Bekenntnis der EZB zu unbegrenzten Anleihekäufen ab einem gewissen Renditeniveau, also ein neuer Pivotal Point. Wenn meine kurzfristige, pessimistische Markteinschätzung falsch ist, würde ich mich nur langsam mit steigenden Kursen an Positionen von Aktien heranwagen, die neue Bewegungshochs markieren.
Die erste großte Aufwärtswelle in diesem Bullenmarkt reichte im DAX von knapp 5000 Punkten auf fast 7200 Punkte. Jetzt durchläuft der Markt die erste ausgeprägte Korrekturphase. An deren Ende wird die zweite große Aufwärtswelle des neuen Bullenmarktes beginnen, mit einem DAX-Kursziel von etwa 8000 Punkten. Das ist mein Marktszenario, das ich handeln möchte. Wie erfolgreich ich dabei sein werde, hängt jetzt davon ab mit welcher Treffsicherheit ich den unteren Wendepunkt der laufenden Korrekturbewegung (das Fragezeichen) im Chart, erwischen werde!