Liebe Leser,
wow, was für eine Vorstellung! Diese Januar-Rally stellt alles in den Schatten, selbst die Prognosen der optimistischsten Marktkommentatoren! Wie schnell sich die Welt doch ändern kann. Noch vor 8 Wochen mussten wir Angst vor einer Eskalation der Euro-Krise haben und plötzlich überrascht der Nasdaq-Index mit einem neuen 11-Jahreshoch. Der Game Changer, der die Spielregeln zugunsten der Bullen veränderte, ist die EZB. Die massive Intervention der Notenbank, die von TradeCentre schon seit Anfang 2011 eingefordert wurde, wurde am 20. Dezember endlich gestartet. Wir haben immer betont, dass eine Schuldenkrise eigentlich eine absurde und unnötige Krise ist, weil das knappe Gut „Geld“ im modernen Geldschöpfungs-Kapitalismus in unbegrenztem Umfang bereit gestellt werden kann. Eine solche Geldschöpfung hat dann auch überhaupts nicht mit irgendwelchen Hyperinflationsszenarien zu tun, sondern mit der bewussten Kalkulation, eine Inflation von 3% bis 4% in Kauf zu nehmen, um die Staatsverschuldung im Verhältnis zum BIP zu senken.
Die FED plant das Szenario von 1950 bis 1970 ganz bewusst zu wiederholen. Damals reduzierte ein negativer Realzins den US-Verschuldungsgrad von 120% des BIP auf unter 50% des BIP. Bernanke darf es nicht laut aussprechen, aber spätestens mit der Ankündigung den Leitzins bis 2014 nicht mehr zu erhöhen, nimmt die FED ganz bewusst Einfluss auf die langfristigen Zinsen. Wenn Marktteilnehmer wissen, wo der kurzfristige Zins in 3 Jahren steht, können sie längere Laufzeiten risikofrei arbitragieren. Das hat Einfluss auf die gesamte Zinsstrukturkurve und senkt die Renditen zwangsweise ab, trotz steigender Inflationserwartungen. Ich muss immer über die Kommentatoren zum Bund-Future lachen, die in den Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen die Mutter aller Blasen sehen. Wenn die EZB der FED-Strategie ebenfalls folgt und bald ein Commitment zur Zinsentwicklung abgibt, dann werden die Renditen deutscher Staatsanleihen in den nächsten zehn Jahren nicht mehr ansteigen. Es ist ein guter Weg, den die EZB jetzt eingeschlagen hat, der die Lösung der Schuldenkrise deutlich erleichtert. Wir können von Glück sprechen, dass die letzten, deutschen Hardliner um Axel Weber das Handtuch geworfen haben. Mit der geldpolitischenHaltung der Bundesbank wären wie gerade inmitten auf dem Rutsch in eine tiefe Rezession.
Viele Grüße
Simon Betschinger
Die ist die Kolumen aus dem aktuellen TradeCentre Börsenbrief