Liebe Leser,
das Jahr 2011 endet mit einem Hoffnungsschimmer. Die EZB hat endlich ein Lösungsschema für die Staatsschuldenkrise vorgelegt. Darüber dass diese Lösung über die Gelddruckmaschinen laufen würde, zweifelte ich zu keinem Zeitpunkt, denn die depressiven und deflationären Tendenzen in der Eurozone können nicht einmal von geldpolitischen Hardlinern geleugnet werden. Wenn die Wirtschaft kontrahiert, ist eine Geldspritze meist die beste Medizin. Anstatt das Geld selbst zu schöpfen, hat die EZB diese Aufgabe nun an die Geschäftsbanken weitergereicht. Über einen Dreijahrestender platzierte die EZB Kredite mit einem Zinssatz von 1% im Volumen von fast 500 Mrd. €. Zwischen den Zeilen steht klar geschrieben, dass sich die Zentralbank mit diesem Geld Anleihenkäufe erhofft. Für die Banken ist es ein lukratives Geschäft. Geld wird zu 1% ausgeliehen und in Anleihen von Italien und Spanien mit etwa dreijähriger Restlaufzeit investiert. Der zweite Dreijahrestender wird am 28. Februar 2012 stattfinden, genau zu dem Zeitpunkt wenn Spanien, Italien und Co neue Staatsanleihen für fast 200 Mrd. € platzieren müssen. Ich prophezeie, dass die Staatsanleihen zu weit günstigeren Zinssätzen als zuletzt ihre Abnehmer finden werden, weil die Banken mit EZB-Geld auf Einkaufstour gehen.
Es ist davon auszugehen, dass der zweite Dreijahrestender eine Geldinfusion von ebenfalls 500 Mrd. € auslösen wird. Was bedeutet das für die Inflationsrate? Ein Blick über den Teich kann darüber Aufschluss geben. Für den Einfluss des Quantitative Easing Programms auf die umlaufende Geldmenge liegen erste Schätzungen vor. Nur ungefähr 5% bis 10% des neu geschöpften US-Dollar-Betrages, der zum Aufkauf von US-Staatsanleihen verwendet wurde, kommt letzten Endes in der realen Konsumgüterwirtschaft an. Der Großteil der Liquidität schwappt – bildlich gesprochen – einfach auf den Assetmärkten hin und her. Man kann sich das so vorstellen. Wenn ein Rentenfonds seine Staatsanleihen an eine Geschäftsbank verkauft und das Geld dafür in einem Geldmarktfonds parkt, ist diese Liquidität von der realen Wirtschaft weiterhin meilenweit entfernt. Ändern könnte sich dies erst, wenn die Krise der Anlageklasse „Staatsanleihen“ zu einem Boom der Emissionstätigkeit von Unternehmensanleihen führt. Dann wäre ein Transitionsmechanismus für das Zentralbankgeld in die Realwirtschaft eröffnet. Momentan jedoch schätze ich den Inflationsdruck sehr, sehr gering ein.
Viele Grüße
Simon Betschinger