Liebe Leser,
heute morgen noch, kurz nach dem Aufstehen, hatte ich mich auf einen ruhigen Feiertagshandel gefreut. Die letzten beiden Wochen hatten wieder Trading-Gewinne gebracht und mein Jahresziel (100.000€ Depotplus) war fast erreicht. Trading hatte gerade wieder angefangen Spass zu machen. Diese Freude hielt nur bis zu einem Blick auf die vorbörslichen DAX-Indikationen. Mit -3% war die Eröffnung gegen 8.30 Uhr taxiert, später rutschte der DAX dann bis auf -6% ab. Der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou hat die restliche Welt wieder einmal an der Nase herumgeführt. Die Griechen haben sich internationalen Abmachungen noch nie verpflichtet gefühlt. Weder wenn es um ordentliche Buchführung der Staatsfinanzen, noch wenn es um die Einhaltung der Stabilitätskriterien ging. Doch was Papandreou gestern Abend verkündete, ist schlichtweg unverschämt. Nach monatelangen Verhandlungen hatte sich die Staatengemeinschaft auf ein Konzept zum Schuldenschnitt geeinigt. Die Banken und die EZB hatten in dieser heiklen Situation ihre Notfallpläne darauf ausgerichtet und dann auf einmal kommt Papandreou auf die Idee eine Volksabstimmung durchzuführen: “Liebes Volk, wollt ihr sparen oder wollte ihr lieber aus dem Euro austreten?” Diese Frage kommt genau eineinhalb Jahre zu spät.
Hätten wir eine kluge Bundeskanzlerin hätte man Griechenland einfach vor eineinhalb Jahren Pleite gehen lassen und mit “läppischen 30 bis 50 Mrd. €” die Banken unterstützt, die in griechischen Anleihen engagiert waren. Das Wort “läppisch” ist in Relation zu den Summen, die heute auf dem Spiel stehen, angebracht. Aber nein, man muss ja einen auf Sozialismus machen und sich in tiefer Solidarität üben, mit dem Ergebnis, dass viele Griechen jetzt die Deutschen hassen (wenn man den Zeitungen glaubt) und von internationalem Verständnis füreinander nicht mehr viel zu sehen ist. Warum will es die Menschheit einfach nicht verstehen, dass der einzige faire und sinnvolle Mechanismus, Mittel und Ressourcen zu verteilen, die Preise sind? Wenn Staatsanleihen so hohe Renditen haben, dass eine Neuschuldenaufnahme nicht mehr möglich ist, dann hat das seine guten Gründe und jeder Versuch, dieses Marktergebnis zu manipulieren, führt geradewegs ins Desaster. Der Markt, das ist keine unheimliche Macht, das sind im Fall der Staatsanleihen überwiegend Pensionfonds, die die Kaufkraft der Sparer über die Jahre hinweg sicher in die Zukunft transferieren wollen.
Mein Plädoyer für eine bessere und gerechtere Welt: Lasst Pleite gehen, wer Pleite ist. Eine Staatspleite würde für Griechenland bedeuten, nur das Geld ausgeben zu können, das selber erwirtschaftet wird. Jeder Privatmann muss genau so wirtschaften.