Liebe Leser,
Hurra, hurra, der Schuldenschnitt ist da. Der DAX schießt als Reaktion auf diese Nachricht um 5% in die Höhe. Vom Untergang des Finanzsystems, den Parlamentarier aus allen Fraktionen noch vor einem halben Jahr an die Wand malten, wenn Griechenland „fallen gelassen wird“, was damals noch mit dem Schuldenschnitt verknüpft wurde, ist nichts zu sehen. Die Banken haussieren, der Aktienmarkt haussiert, sogar der griechische Aktienmarkt macht einen Freudensprung. Alle sind glücklich. Wurde uns nicht immer erzählt, ein Schuldenschnitt in Griechenland würde zu unkalkulierbaren Kettenreaktionen führen? Jetzt stellen wir uns einmal vor die Frucht der Erkenntnis, oder nennen wir es den gesunden Menschenverstand, hätte eineinhalb Jahre früher Einzug in das Berliner Kanzleramt gefunden. Dann hätte Griechenland den Schuldenschnitt viel früher durchgeführt und hätte jetzt weit weniger Schulden. Was in diesen Tagen der ESFS garantiert, um Ansteckungsreaktionen im Finanzsystem zu vermeiden, hätte vor eineinhalb Jahren problemlos die EZB garantieren können. Ohne jeden Rettungsschirm wäre das Griechenland-Problem gelöst gewesen. Warum also um Himmels Willen sind die Mitglieder der Bundesregierung guter Laune? Dafür, dass sie dem deutschen Volk Bürgschaften in dreistelliger Milliardenhöhe aufgebürdet haben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit fällig werden, wenn die nächste Rezession zum falschen Zeitpunkt kommt? Ich kann dieses Kasperletheater nur noch schwer ertragen.
Wie tief selbst die Presse bereits in der sozialistischen Denkweise versunken ist, zeigt eine Kolumne von Günther Lachmann auf Welt.de. Er fragt direkt in der Headline: „Und wo ist der Plan für Aufschwung und Wohlstand?“ Diese Frage ist absurd. Noch kein Aufschwung wurde staatlich geplant. Nach der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren waren es Unternehmer, die mit neuen Produkten wie Autos, Kühlschränken, Fernsehern oder der Luftfahrtindustrie den Wachstumsmotor anwarfen. Nach der Finanzkrise 2008 waren es Exporte nach Asien, die der deutschen Wirtschaft zu hohen Wachstumsraten verhalfen. Der Staat muss keinen Aufschwung planen, er muss richtige Regeln aufstellen, sich so schlank wie möglich halten, Schuldenaufnahme vermeiden und dann einfach die Unternehmer machen lasen.
Viele Grüße
Simon Betschinger