Liebe Leser,
das System, in dem Steve Jobs als Unternehmerpersönlichkeit zur Legende aufgestiegen ist, heißt Kapitalismus. Wenn in den Medien einerseits Steve Jobs gefeiert aber andererseits der Kapitalismus verdammt wird, spricht das für die ambivalente Gedankenwelt der Gesellschaft. Einerseits gibt es die Bewunderung für die Leistungen des Kapitalismus, die den meisten Menschen instinktiv bewusst sind. Andererseits gibt es das große Unverständnis für die großen Probleme der heutigen Zeit, die in ihrer Sachlage komplett falsch eingeordnet werden. Die Staatsschuldenkrise ist keine Krise des Kapitalismus, sondern die Krise eines semisozialistischen Regierungssystems. Konrad Adenauer sagte einmal treffend: „Alles, was die Sozialisten vom Geld verstehen, ist die Tatsache, dass sie es von anderen wollen.“ Dieser Anspruch, Geld von anderen haben zu wollen, zieht sich durch das gesamte politische System, von Griechenland bis nach Brüssel.
Mit der „Occupy Wall Street“ Protestaktion bildet sich nun auch in den USA eine klare Opposition gegen die Bankenlandschaft. Allerdings werden Teilnehmer dieser Bewegung eher von dem Gefühl getrieben, dass etwas nicht stimmt, ohne dieses schlechte Bauchgefühl in Worte fassen zu können. Das grundlegende Problem des Bankensektors, das zu den absurd hohen Gehältern und Bonuszahlungen geführt hat, ist folgendes: Banken dürfen sich eines staatlichen Monopols bedienen, dem Monopol der Geldschöpfung. Jedes astronomische Gehalt, das jemand erhält, der dafür persönlich keine Risiken oder Haftung eingehen muss, ist zutiefst unkapitalistisch. Die Grundprinzipien des Kapitalismus sind Privateigentum, Privatinitiative und Eigen-verantwortung. Wenn es also zu den beobachteten Gehaltsauswüchsen kommt, dann muss die Politik lediglich an der Stellschraube der Eigenkapitalquote drehen und schon wird sich zeigen, ob die hohen Gehälter wirtschaftlich real oder das Ergebnis falscher Anreizsysteme sind. In Europa wurden die Eigenkapital-Vorschriften bereits im neuen Basel III Regelwerk verschärft. Für die US-Banken sollten die „Occupy Wall Street“ Bewegung ebenfalls höhere Eigenkapital-Hinterlegungspflichten fordern. Wirtschaftsakteure für ihr eigenes Handeln verantwortlich zu machen, ist im Wirtschaftsleben eigentlich immer die richtige Lösung, um langfristige Schieflagen zu vermeiden.
Viele Grüße
Simon Betschinger