Liebe Leser,
der Mangel an Vorstellungskraft, über das was passieren kann, macht den Börsianer zum Herdentier. Wenn die Wirtschaftslage gut ist, erscheint es unvorstellbar, dass sich die Konjunktur wieder deutlich eintrüben könnte. Inmitten der Rezession werden diejenigen für verrückt erklärt, die eine prosperierende Wirtschaft voraussagen. Ich skizziere zunächst wie die Krise sich zuspitzen dürfte und widme mich dann dem Big Picture. Ähnlich wie 2008 signalisiert uns auch dieser Börsenkrach Schieflagen in der europäischen Bankenlandschaft. Der Crash wurde vom Bankensektor eingeleitet. Die Aktie der in Italien marktführenden Bankengruppe INTESA SANPAOLO ging bereits ab März auf Talfahrt und hat sich seitdem halbiert. Bankaktien anderer europäischer Länder zeigen ein ähnliches Bild. Ich möchte nicht schwarzmalen, aber die Aktienkurse der Bankinstitute kündigen an, dass es in der nächsten Wochen oder Monaten zu einer Insolvenz eines europäischen Institutes kommen wird. Ein zweites Lehman Brothers wird die EZB nicht zulassen, sie wird rettend einschreiten. Ob der Aktienmarkt jedoch drehen kann, bevor die negativen Nachrichten auf dem Tisch liegen, halte ich für fraglich.
Wie sieht der langfristige Ausblick für die Aktienmärkte aus? Es ist nicht schwer abzusehen, dass Indien mit seinen 1,2 Mrd. Einwohnern die Weltwirtschaft bald ähnlich stimulieren wird, wie es China im letzten Jahrzehnt getan hat. Dieser Aktiencrash, der momentan abläuft, wird die letzte Einstiegschance vor dem großen Bullenmarkt eröffnen. Der Dow Jones notiert heute auf dem gleichen Kursniveau wie im Jahr 2000. Elf lange Jahre hat der Index keinen Kurszuwachs erzielt. Das BIP der Vereinigten Staaten ist im gleichen Zeitraum um 25% gestiegen. Die heutige Generation der Aktionäre ist damit immer noch Leidtragende der großen Übertreibungsphase zur Jahrtausendwende. Die Überbewertungen wurden über eine volatile Seitwärtsphase abgebaut, genauso wie der Anteil von Aktionären in der Bevölkerung sich drastisch reduziert hat. Alles deutet darauf hin, dass wir nun ein solides Fundament für die nächste Expansionsphase des kapitalistischen Systems finden werden. Ein Phase neuer Innovationen und großen Wohlstandes steht der Menschheit in den nächsten 20 Jahren bevor. Auch wenn jetzt bald alle leugnen werden, dass es jemals wieder besser wird. Die Untergangspropheten kriechen bereits aus ihren Löchern.
Viele Grüße
Simon Betschinger