Liebe Leser,
als die Samwer-Brüder den in Deutschland rekordverdächtigen 85 Millionen Euro Exit von StudiVZ einfädelten, war die Bedrohung für Deutschlands soziales Studentennetzwerk am Horizont bereits sichtbar. Der Siegeszug von Marc Zuckerbergs Facebook war nicht mehr aufzuhalten. Gegen die Internationalität von Facebook kann das deutschsprachige StudiVZ nur schwer ankämpfen. Studierende kamen aus den Auslandssemestern regelmäßig mit einer Facebook-Identität zurück. Holtzbrinck dürfte sich vermutlich heute noch über den hohen Kaufpreis ärgern.
Peer-Group Bewertungen sind unter Börsianern beliebt, aber deren Sinnhaftigkeit muss oftmals bezweifelt werden. Nach dem euphorischen Börsenstart des berufliches Netzwerks LinedIn an der Wall Sreet, trieben Marktteilnehmer auch die Anteilsscheine des deutschen Konkurrenten XING weiter in die Höhe. XING erzielte im ersten Quartal 2011 einen Gesamtumsatz von 15,7 Mio. € (+24%) und einen Quartalsgewinn von 2,7 Mio. €. Die Börsenwertung beträgt 290 Mio. € und das voraussichtliche 2011er KGV von 26 beinhaltet einen enormen Vertrauensvorschuss auf zukünftiges Wachstum.
Warum hat die XING-Aktie den LinkedIn-Börsengang so gefeiert? Mich erinnert die Szene an die Bewohner der Stadt Troja, die voller Freude das hölzerne Pferd vor ihren Stadttoren bejubelten. Der XING-Höhenflug macht nur Sinn, wenn es im Zuge der Brancheneuphorie zu einer Übernahme kommt. Ansonsten gehe ich davon aus, dass XING schon bald das gleiche Schicksal droht wie StudiVZ. Berufstätige Networker werden die internationale Variante LinkedIn bevorzugen, denn in Zeiten der Globalisierung ist im Wirtschaftsleben wohl nichts sinnvoller als internationale Kontakte aufzubauen.
Shortszenario: Wenn das Quartals-Umsatzwachstum von XING in Q2 oder Q3 erlahmt, vermute ich dahinter nicht eine kurzfristige Wachstumsdelle, sondern die ersten Anzeichen des Triumphzugs von LinkedIn über XING. Dann ist der richtige Zeitpunkt bekommen, um die Shortseite zu spielen.