Liebe Leser,
der Kurssturz an den Rohstoffmärkten geht weiter. So what? Ein besseres Konjunkturprogramm kann keine Regierung der Welt verabschieden. Das zeitliche Zusammentreffen der Kurseinbrüche im Silber- und Ölmarkt mit den erhöhten Margin-Forderung seitens der Terminbörsen ist ein stichfestes Indiz dafür, dass die reale Wirtschaftsnachfrage schon eine zeitlange niedriger war als das Rohstoffangebot. Diese Nachfragelücke wurde von Spekulanten geschlossen! Bevor jetzt die ersten Moralprediger den Zeigerfinger erheben und gegen die bösen Spekulanten wettern, möchte ich entgegnen, dass das Geschehene die wertvolle Funktion der Spekulation doch deutlich sichtbar macht. Dadurch dass Spekulanten bei den ersten kleinen Anzeichen von Knappheit die Preise weiter nach oben treiben, wird die reale Rohstoffförderung viel schneller und effektiver ausgeweitet als in einem Szenario ohne Börsen-spekulation. Jede Spekulation, die auf falsche fundamentale Entwicklungen setzt, platzt irgendwann. Zurück bleibt eine höhere weltweite Förderkapazität von Rohöl. Mein Szenario ist, dass die Ölbullen bei ihrer Kalkulation einen Fehler gemacht haben, nämlich dass die wirtschaftliche Ölnachfrage in diesem Konjunkturaufschwung deutlich langsamer ansteigt als in vergangenen Prosperitätsphasen. In den letzten 10 Jahren wurde der Anteil erneuerbarer Energien deutlich ausgebaut, Autos benötigen deutlich weniger Sprit, Gebäudefassaden sind um ein Vielfaches besser gedämmt und in der Industrie wurde der Rohstoff Öl so gut wie möglich substituiert. Mein Fazit ist also, dass der Rohstoffcrash keine konjunkturelle Abkühlung anzeigt, sondern das Wirtschaftswachstum unterstützen wird. Die Aktienmärkte werden demnach weiter haussieren!
Börse Online hat in der letzten Ausgabe ein Interview mit Warren Buffett organisiert, was ich großartig finde, denn nicht oft bekommt man Gelegenheit, etwas über die Meinung des erfolgreichsten Investors aller Zeiten zu erfahren. Zu Geldanlagen in Rohstoffen hat Warren Buffet eine eindeutige Meinung: „Rohstoffe sind ein Investment, das man nicht kauft, weil man Erträge erwirtschaften will, sondern weil man auf höhere Preise in der Zukunft hofft. Und das ist nicht die Art von Investment, mit der wir uns beschäftigen.“ Vielleicht sollte sich der ein oder andere „Gold-wird-mich-reich-machen-Investor“ mal diese Erkenntnis des 80jährigen Buffetts zu Herzen nehmen.
Viel Erfolg wünscht
Simon Betschinger