Liebe Leser,
gestern hat der Maestro gesprochen. In einem fast präsidialen Rahmen gab Ben Bernanke die erste reguläre Pressekonferenz, die auf Einladung der FED einberufen wurde. Wie Sie wissen bin ich ein großer Fürsprecher von Bernanke. Der FED-Chairman ist klug, er handelt nicht nach geldpolitischen Ideologien, sondern versteht es makroökonomische Aggregate hinter sich zu lassen und das Uhrwerk der Wirtschaft an der Triebfeder zu stimulieren. Bernanke weiß, dass er sich keine Sorgen um die Preisteuerung machen muss, weil über 13 Millionen arbeitslose Amerikaner einen starken Lohnanstieg unmöglich machen. Auch auf den Produktmärkten sind Preiserhöhung momentan kaum durchzusetzen, weil US-Unternehmen noch lange keine volle Produktionsauslastung erreicht haben. Würde General Motors die Autopreise um 10% erhöhen, gingen die Leute eben zum Ford-Händler um die Ecke. Wir merken uns: Bei hoher Arbeitslosigkeit und stillliegenden Fabriken sollte die Notenbank die Geldmenge massiv ausweiten!
Das eigentliche Meisterstück von Ben Bernanke ist, dass er das Kernproblem der USA erkannt hat. Zu viel Kapital ist in den Händen weniger Amerikaner, die ihr Geld in Staatsanleihen parken, sich keinen realwirtschaftlichen Projekten mehr stellen und deren Sorgen sich um Banalitäten wie ihr Golf-Handicap drehen. Dieser Geldelite entwendet Bernanke jetzt das sorgenfreie Ruhekissen Staatsanleihen. Zinsen zu kassieren, ohne sich dem kapitalistischen Wettbewerb zu stellen, ist unter dem Geldregime von Bernanke nicht länger möglich. Die FED hat bereits US-Staatsanleihen für über eine Billionen Dollar in ihre Bilanz genommen und damit vielen Amerikanern die Droge des risikolosen Zinses abrupt entzogen. “Seid wieder Unternehmer”, schreit Bernanke laut hinaus, “gebraucht euren Verstand und investiert in Firmen”. Der Unternehmer – motiviert von der Aussicht auf die Belohnung, die das kapitalistische System für neue Güter und neue Produktionsverfahren bezahlt – ist die eigentliche Ursache für Wachstum, Wohlstand und technischen Fortschritt. Das Unternehmertum ist das Herz des Kapitalismus. Es gibt den entscheidenden Impuls, der das System vorantreibt. Die Amerikaner können sich glücklich schätzen, Ben Bernanke als obersten Währungshüter zu haben.
Viel Erfolg wünscht
Simon Betschinger