Liebe Leser,
wie schnell die Zeit doch vergeht. Vom Studenten, der während und zwischen den Vorlesungen Orders platzierte bis zum eigenen Trading-Office mit 200 m² Büro sind gerade einmal 5 Jahre vergangen. Mir ist die Entscheidung nie ganz leicht gefallen, mich auf eine Profi-Trader Karriere zu konzentrieren. Die wissenschaftliche Forschung über das kapitalistische System und wie dessen Rahmenbedingungen gestaltet sein müssen, damit es am besten funktioniert, war ein anderer Lebensweg, den einzuschlagen ich mir ebenfalls sehr gut hätte vorstellen können. Die Zeit als meine Diplomarbeit entstand und der damit einhergehende Erkenntnisgewinn waren ungemein erfrischend und motivierend für mich.
Nun bin ich Profi-Trader. Vermutlich habe ich mich nie bewusst dazu entschieden, ich war es einfach irgendwann. Man kann diesen Karriereweg nicht planen und ich würde niemandem empfehlen, eine reguläre Arbeit aufzugeben, mit dem Ziel, das notwendige Geld zum Leben über Trading zu erwirtschaften. Profi-Trader zu sein ist weniger ein ausgewählter Beruf, sondern vielmehr ein Zustand, der sich ergibt, wenn man der Börse außerordentlich erfolgreich ist und irgendwann so viel Geld verdient hat, dass dies die eigene Lebenssituation beeinflusst. Das kann in dem Sinne sein, dass man plötzlich die Freiheit hat, für eine gewisse Zeit lang nicht mehr auf den ursprünglichen Beruf angewiesen zu sein.
Vor zwei Wochen kam von Cortal Consors die Steuerbescheinigung 2010 für mein Trading-Konto, das ich im Trading-Channel führe, in den Briefkasten geflattert. Der Trading-Gewinn 2010 beträgt knapp 237.000€. Das gute Ergebnis von 2009 (362.000€) konnte ich leider nicht erneut wiederholen. Im Laufe der Jahre hat sich ganz klar herauskristallisiert, wo die Stärken und Schwächen meines Trading-Stils liegen. Ich handle durch mein Positions -und Portfoliomanagement weitgehend risikoarm. Wenn es zu einem starken Börsenkrach kommt wie zum Beispiel wieder vor zwei Wochen, verliere ich kaum Geld. Weil ich das Rebound-Trading sehr gut beherrsche, partizipiere ich immer relativ stark an den unteren Wendepunkten, wenn extrem überverkaufte Aktien wieder in die Höhe schießen. So kam auch das gute Handelsergebnis 2009 zustande.
Die Schwäche meines momentanen Trading-Stils ist, dass mir der ganz große Durchbruch wie ihn etwa Richard Dennis mit Börsengewinnen im hohen zweistelligen Millionenbereich erlebt hat, noch nicht gelungen ist. Um das Ziel zu erreichen, mit meinem jetzigen Kapitalstock eine Depotvervielfachung zu erzielen, sehe ich im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Ich muss anfangen, Pivotal Points konsequent mit Derviaten zu handeln oder ich muss mit einem Teil meines Kapitals den US-Markt handeln. Die Amis machen keine halben Sachen. An den US-Börsen gibt es bei starken Preistrends oft kein Halten mehr und es kommt regelmäßig vor, dass sich Aktien innerhalb weniger Monate vervielfachen. Was mich bislang immer abgeschreckt hat, den amerikanischen Markt zielstrebig anzugehen, sind die Handelszeiten. Für gewöhnlich bin ich froh, wenn ich mein Trading-Desk um 17.45 Uhr ausmachen kann. Das will ich auch weiter so handhaben (denn sonst würde ich wohl irgendwann von meiner Frau mächtig Ärger bekommen). Ich müsste also für den US-Markt eine Trendfolge-Strategie entwickeln, die komplett auf End of Day Basis umsetzbar ist. Und ich denke, genau das ist die Herausforderung, der ich mich stellen werde.
Fazit: Das Leben entwickelt sich dynamisch und nimmt oft kaum vorhersehbare Wendungen, fast so wie die Börse. Ich bin gespannt was die nächsten Jahre bringen werden.