Liebe Leser,
der Unterschied zwischen der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933 und heute heißt Ben Bernanke! Die Weltwirtschaftskrise brach Anfang der 1930 Jahre nach zahlreichen Bankenzusammenbrüchen erbarmungslos über die Vereinigten Staaten und Europa herein. Die Arbeitslosenquote erreichte in den USA Werte von etwa 35%. Damals waren den Zentralbanken die Hände gebunden. Sie konnten nicht einschreiten, weil mit dem Goldstandard ein prähistorisches Geldsysstem ein Gegensteuern verhinderte. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen wie der Goldstandard als Verstärker der Wirtschaftskrise gewirkt hat, lesen Sie bitte das Paper: “The Gold Standard and the Great Depression” von Barry Eichengreen and Peter Temin.
Wir können von Glück reden, dass der Goldstandard inzwischen beerdigt wurde und den Zentralbanken nun endlich ausreichend Maßnahmen zur Verfügung stehen, um die Geldmenge auszuweiten und sogar die Inflation anzukurbeln. Das mutige Eingreifen von Ben Bernanke wird dazu führen, dass die Arbeitslosenquoten in den USA von aktuell fast 10% in zwei Jahren auf unter 6% fallen wird. Die FED ist ihrem Auftrag damit nachgekommen, hat das Finanzsystem stabilisiert und leitet jetzt alle notwendigen Schritt in die Wege, um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Sie dafür zu kritisieren, ist unlogisch. Eher sollten die falschen staatlichen Anreizsysteme im Finanzsektor und bei der Vergabe von Hypothekenkrediten kritisiert werden.
Warum ist eine höhere Inflationsrate (derzeit beträgt die Kerninflationsrate lediglich 0,8%) wünschenswert? Lesen Sie dazu bitte: “Rethinking Macroeconomic Policy” von Blanchard und Kollegen. Ich möchte ein weiteres Argument aufgreifen, das Sie vielleicht überraschend wird, weil ich damit von einem meiner früheren Standpunkte abweiche! Nach intensiver Beschäftigung mit den Daten bin ich zu folgendem Schluss gekommen:
Eines der größten Probleme der US-Wirtschaft ist die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung. Zu viel Kapital liegt in den Händen weniger Menschen. Betrachten Sie dazu untenstehendes Schaubild, das den Einkommensanteil der oberen zehn Prozent von 1917 bis 2002 in den USA beziffert. Vor der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933 war der Einkommensanteil der oberen zehn Prozent auf gefährliche 45% angewachsen, genauso wie im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt des Bullenmarktes. Spielt das kapitalistische System verrückt, weil die Einkommensungleichheit zu groß geworden ist? In der Tat deutet einiges darauf hin. Die breite Mittelschicht in den USA sitzt auf Schulden, kann kaum mehr konsumieren und bezahlt mit den Zinstilgungen letztendlich die Renten der Reichen. Karl Marx würde beim Lesen dieser Zeilen noch im Grabe einen Freudensprung vollführen.
Quelle: Piketty und Saez (2006): “The Evolution of Top Incomes: A Historical und Internetional Perspective.”
Warum also ist eine hohe Inflationsrate in den nächsten Jahren genau die richtige Medizin?
Die amerikanische Mittelschicht ist verschuldet. Inflation würde helfen, die Schuldenlast abzutragen. Die Milliardäre in den USA dürfen die Anleihemärkte nicht mehr als Schutzbunker benutzen, um ihre Vermögen ohne Anstrengung zu sichern und zu vermehren. Die reichen Bürger der USA müssen ihr Kapital für realwirtschaftliche Investitionen einsetzen. Realwirtschaftliche Investments sind langfristig inflationsneutral. Das werden sie nur tun, wenn ihnen die Sicherheit der Anleihemärkte entzogen wird. Eine steigende Inflationserwartung ist Gift für Anleiheinvestments.Fazit: Ben Bernanke will eine moderate Inflation, daran besteht kein Zweifel. Er macht damit den reichen amerikanischen Bürgern “Feuer unter dem Hintern” und zwingt diese zu Umschichtungen von den Anleihemärkten in realwirtschaftliche Investitionsprojekte. Das ist dringend notwendig, denn immer mehr Daten deuten darauf hin, dass die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung ein elementarer Bestandteil dieser Krise ist.