Liebe Leser,
zwei Jahre nachdem die Deutschen von Weltuntergangsängsten geplagt wurden, kommt nun das Wirtschaftswunder. Nach der jüngsten Prognose der Bundesregierung wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 3,4 Prozent wachsen. Die Bild-Zeitung fragt folgerichtig: “Aber wem gehört der Aufschwung, was haben WIR besser gemacht als andere.” Der Aufschwung gehört der pflichtbewussten deutschen Mittelschicht, den Ingenieuren und den Fachkräften. Regierungspolitisch besser gemacht haben wir kaum etwas. Im Gegenteil: Die als Wundermedizin gefeierte Kurzarbeit ist der Garant der nächsten deutschen Strukturkrise. Ich habe Ihnen mitten im tiefen Crash erläutert, warum 2010 bis 2020 das goldene Jahrzehnt wird, liebe Leser und ich erkläre Ihnen heute warum Deutschland danach schwerwiegende Probleme bekommen wird, wenn kein radikales politisches Umdenken stattfindet.
Die deutsche Wirtschaft ist starr und wird von Großkonzernen dominiert. Großkonzerne sind gut darin, etablierte Technologien weiterzuentwickeln. Der jetzige Wirtschaftsaufschwung wird kaum von Produktivitätsverbesserungen getragen, sondern von der Exportnachfrage aus Asien nach etablierten Gütern. Seit 40 Jahren ist Deutschland führend in der Automobilindustrie und im Maschinenbau. Die Mikrochiprevolution hat die deutsche Industrie hingegen komplett verschlafen, genau so wie die Internetrevolution. Die Technologieführer sitzen mit Intel, Google, Apple und Co in den USA. Großkonzerne sind schlecht darin, neue revolutionäre Technologien zu entwickeln. Industrielle Revolutionen gehen von neuen oder jungen Unternehmen aus. Google und Facebook zeigen dies exemplarisch. Die deutsche Wirtschaft ist verkrustet, kaum in der Lage sich tiefgreifend zu restrukturieren. Kurzarbeit und Jobgarantien engen die Wandlungsfähigkeit weiter ein. Mit dieser Wirtschaftstruktur werden wir solange gut zurechtkommen wie Automobilindustrie und Maschinenbau in Asien Wachstumsbranchen sind, also noch etwa bis 2020. Danach drohen japanische Verhältnisse. Besser aufgestellt ist die US-Wirtschaft. Auf Sicht von zwanzig bis dreißig Jahren werden die Amerikaner eine Blütezeit erleben. Lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des TradeCentre Börsenbriefs meine Argumente für diese These.
Viel Erfolg wünscht
Simon Betschinger