Liebe Leser,
Anfang 2008 gab es eine vermeintlich sichere Arbitrage-Spekulation am deutschen Aktienmarkt: Die große Kursdiskrepanz zwischen Volkswagen Vorzugsaktien und Volkswagen Stämmen müsste sich irgendwann schließen. Der Wert einer Aktie ist langfristig der Gegenwartswert der zukünftigen Dividenden. Durch den Kauf der Volkswagen Vorzugsaktie, deren Dividende sogar noch leicht über der Stammaktie liegt, konnte man sich den Wert aller zukünftigen Dividendenzahlungen günstig sichern und durch den Leerverkauf der Stammaktie finanzieren (aus Sicht der Zahlungsströme betrachtet entspricht das der Verpflichtung, die zukünftigen Dividendenansprüche der Stammaktionäre zu begleichen). Die Welt wäre so schön, könnte man diesen risikolosen Gewinn einfach einstreichen. Weil das Wesen der Börse ein Geldumverteilungsmechanismus ist, können nicht alle gleichzeitig reich werden. Zu welchen Eskapaden die Auflösung der Arbitragespekulationen führte, ist bekannt. Untenstehender Relativchart zeigt wie sich die Performanceentwicklung der beiden Aktien aufspaltete als immer mehr Marktteilnehmer auf das Schließen der Kursschere spekulierten. Jetzt übrigens, da alle Spekulanten herausgedrängt wurden, nähern sich die Kurse von Volkswagen Stammaktien und Vorzügen immer weiter an, so wie es langfristig die fairen Werte gebieten.
Exkurs: Den Begriff “Arbitrage” für die Volkswagen-Wette zu gebrauchen, ist prinzipiell falsch, denn “Arbitrage” ist als risikoloser Gewinn definiert, der sofort erzielt werden kann. Vor allem in den 1980er Jahren traten an den Bondsmärkten, die noch nicht 100%ig effizient waren, zahlreiche Arbitragemöglichkeiten auf. Erst die Entwicklung der Computertechnologie ermöglichte es diese Arbitragemöglichkeiten automatisiert zu entdecken und zu nutzen.